Kürzlich wurde ich auf folgenden Beitrag im Tages-Anzeiger vom 9. Februar 2008 aufmerksam gemacht:
Es ist ein herrlicher Sommertag, ich sitze mit Urs B. im grossen Gastgarten des Restaurants Loibnerhof in der Wachau. Zusammen haben wir eine Flasche Rotwein getrunken und eine überaus schmackhafte Ente gegessen. Nun möchte Urs B. eine Havanna rauchen und eine grosse Camembert- und Blauschimmelkäseplatte bestellen. Dann noch etwas Schokoladekuchen. Ich versuche ihn umzustimmen und warne vor Kopfschmerzen. Nichts hilft. Anderntags ist Urs B. schwer angeschlagen und beschwert sich über die Qualität des Rotweins. Am Abend nötige ich ihn, mit mir eine Flasche des gleichen Weines zu konsumieren und an Stelle von Havanna, Käse und Schokolade eine zweite Flasche des vermeintlichen Kopfwehweines zu bestellen. Urs B. ist entsetzt, als guter Freund macht er jedoch mit. Am nächsten Morgen fühlt er sich pudelwohl und frischer als eine Forelle im Bergbach. Was ist geschehen?
Den meisten ist bekannt, dass Wein Kopfschmerzen verursachen kann. Insbesondere natürlich, wenn zuviel konsumiert wird. Manchmal aber treten Kopfschmerzen und allergische Hautrötungen bereits schon bei kleinen Mengen auf. Weshalb? Auslöser dafür sind in erster Linie so genannte biogene Amine, eine Gruppe von Eiweiss-Substanzen, die teilweise vom Körper selbst gebildet werden (beispielsweise als Abwehr gegen körperfremde Stoffe), die aber auch durch die Nahrung und mit Wein aufgenommen werden. Schwefel ist, entgegen der verbreiteten Meinung, nur in den seltensten Fällen Verursacher von Beschwerden, sondern die biogenen Amine Histamin und in kleinerem Ausmass Tyramin.
Hinzu kommt, dass Alkohol die Wirkung von Histamin verstärkt. Wichtig zu wissen ist, dass Wein beileibe nicht der einzige Histaminlieferant ist. Durch bakterielle Tätigkeit bei Reifungsvorgängen in Lebensmitteln entstehen teilweise beträchtliche Mengen an Histamin. Als Faustregel gilt: Frische Lebensmittel enthalten meistens wenig Histamin. Lange gelagerte Käsesorten, Essig, Sauerkraut, Salami und vor allem überlagerte Lebensmittel wie beispielsweise nicht mehr frischer Fisch (insbesondere Tunfisch und Makrelen) können beträchtliche Mengen Histamin aufweisen. Alkoholgenuss und Rauchen verstärken die Wirkung. Ein anderes biogenes Amin, Tyramin, kann in Kakao (Schokolade) in grösseren Mengen vorkommen und bei Migränepatienten Kopfschmerzen auslösen. Tyramin ist auch in gewissen Weinen in erhöhten Konzentrationen vorhanden. Weissweine haben in der Regel einen tieferen Histamingehalt als Rotweine. Wird bei der Weinherstellung und -lagerung unsauber gearbeitet, liegt der Histamingehalt höher, während frisch vergorene Weine kaum Histamin enthalten. Heikel ist der biologische Säureabbau, den praktisch alle Rotweine durchlaufen. Dabei wird die sauer schmeckende Apfelsäure in die mildere Milchsäure umgewandelt. Probleme beim Säureabbau resultieren sofort in hohen Histaminwerten. Untersuchungen zeigten, dass insbesondere Rioja und Châteauneuf- du-Pape anfällig auf höhere Histaminwerte sind. Als Fazit gilt: Nicht immer ist der Wein schuld an Kopfschmerzen. Sind Sie empfindlich, sollten Sie gewisse Lebensmittel meiden oder nur in kleinen Mengen verzehren, insbesondere dann, wenn Sie gleichzeitig Alkohol konsumieren.
Es schmerzt der Kopf
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