Bereits am morgen früh deutete alles auf einen gelungenen Tag hin. Schliesslich feierte unser Jüngster seinen Geburtstag und am Abend würde die Schweiz auf Brasilianischem Boden zum zweiten Mal für Furore sorgen. Ja stimmt, der erste Match war nicht das gelbe vom Ei, aber der Lastminute Sieg gegen Ecuador liess uns Fans über so manches grosszügig hinwegsehen. Selbst ich, sonst eher kritischer Nati-Fan, vertrat die Meinung: "Hauptsache das erste Spiel gewonnen. Die Steigerung wird folgen." So begab ich mich also nach der Geburtstagsfeier nach Glattbrugg, wo ich mit glatten Freunden einen, wie sich später herausstellen sollte denkwürdigen, Grill- und Fussballabend verbrachte. Achtung, fertig, los und die Schweiz lag mit 0:2 hinten. Bei den Toren bis zum 0:5 sassen wir längst wieder draussen auf der Terrasse und frönten dem geselligen Beisammensein. Hätte ich dieses Debakel nicht mit meinen Freunden zusammen schön trinken können, ich wäre für mindestens 48 Stunden im tiefsten Depressionssumpf versunken. Dank Freunden, Bier, Caipirinha und Grappa verkam das schlechteste Nati-Spiel aller WM-Zeiten zur Karikatur und jeder einzelne Spieler zur Zielscheibe böser Sprüche und hämischem Gelächter. Erst am darauffolgenden Samstag wurde mir richtig bewusst, was mir, nein was uns die Nati mit dieser 2:5 Niederlage angetan hatte. Diese lauffaulen (selbst Kubi wäre allen um die Ohren gesprungen), disziplinlosen, talentfreien, frisierten, rasierten und tätowierten Geldscheffler gaben sich (wen interessiert es?) aber auch uns Fans der Lächerlichkeit preis. Noch nie hat mir persönlich eine Nati Niederlage so wehgetan. Die Schmach gegen Luxembourg im Letzi? Strellers Penalty Züngler an der WM in Deutschland? Alles Weichspüler gegen diese Klatsche der Franzosen.
Wie soll's nun weiter gehen? Am Mittwoch in der Tropenhölle von Manaus muss ein Sieg gegen Honduras her. Egal wie, aber ich will die Jungs rennen, kämpfen, schwitzen und nach Wasser lechzen sehen. OK, gut spielen, hinten dicht machen, über die Flügel angreifen und anständige Flanken, Freistösse und Eckbälle treten, müssten sie auch noch. Das Erreichen der Achtelfinals wäre zwar cool, aber erstens sind wir nun auf fremde Hilfe angewiesen und zweitens war mir dieses Ziel vor dem Frankreich Spiel noch wichtiger. Sollen doch bitte Teams in der KO-Phase spielen, die es verdient haben und auf dem Platz etwas zu bieten im Stande sind. Lieber Costa Rica zusehen wie sie Rotz und Wasser schwitzen, als unseren gestylten Natispielern in ihren Muscle-Shirts, wie sie eine Flanken- und Fehlpassorgie feiern.
Ja, ich bin sauer und zwar so richtig. Nichts desto trotz werde ich am Mittwoch bereit sein und die Nati vor dem Fernseher anfeuern. Sie haben es in den eigenen Händen, sich mit uns Fans wieder zu versöhnen, dazu müssen sie sich aber auf dem Platz zerreissen. Zudem geht's auch noch um einen anständigen Abschied von Ottmar Hitzfeld. Hopp Schwiiz!
