Ein unvergesslicher Tag an der Air14 in Payerne
Samstagmorgen, 05:30 Uhr. Mein Radiowecker riss uns brutal aus den süssen Träumen. Ich entschied mich aufgrund der Wettervorhersagen auf Tenü kurz und verzichtete sogar auf die Regenjacke, was sich am Ende des Tages als Volltreffer herausstellen sollte. Während die Buben noch selig schliefen, sassen wir nach 06:30 Uhr bereits im Zug nach Zürich. Mit Rücksäcken voller Proviant kamen wir am HB an, wo sich Dodo einen Kaffee besorgte. Schliesslich setzten wir uns in den IC nach Bern, welcher Zürich pünktlich um 07:02 Uhr verliess. Nun startete Dodo per SMS die Anfrage nach Hause, ob die Buben aufgestanden seien. Sie konnten nämlich nicht auf der faulen Haut liegen bleiben, sondern mussten sich ihrerseits um 07:40 Uhr am Bahnhof Schwerzenbach versammeln. Sie fuhren mit der Jugi zum Atzmännig wo sie im Kletterpark etc. ihren Jugi-Tag verbrachten. Gegen acht Uhr kamen wir in Bern an, wechselten kurz das Gleis und fuhren um 08:09 Uhr im Extrazug bereits wieder los, diesmal mit dem Ziel Corcelles-Nord. Nach 09.00 Uhr erreichten wir den für die Hinreise letzten Bahnhof. Die Züge, sowohl von Zürich nach Bern, als auch der Extrazug nach Corcelles waren sehr gut gefüllt. Wir ergatterten uns aber glücklicherweise immer einen Sitzplatz. Im Extrazug mussten viele Passagiere stehen oder es sich auf der Treppe bequem machen. Schon spannend, was man in einem vollen Zug so alles mitbekommt. Überall wurde gesprochen und gequatscht, man wusste zweitweise gar nicht, wo man mithören sollte. Hinten auf der Treppe sass ein älterer Herr mit einem Weissweinbecher in der Hand. Er leerte mit seinen Kollegen innert Kürze eine Flasche quasi zum Frühstück. Dieser Herr mit dem grossen Maulwerk sollte uns später immer wieder mal über den Weg laufen. In Corcelles strömten die Massen aus dem Zug und drängten sich in die vielen bereit stehenden Busse. Die Fahrt führte uns irgendwo ins Schilf in der Nähe des Militärflugplatzes Payerne. Wie ich bei späteren Recherchen herausgefunden habe, gehörte dieser Parkplatz zu meiner RS-Kaserne, welche ich aber nicht gesehen habe. Nun war ein Fussmarsch angesagt. Immer schön den grossen grünen Ballons nach. Wer genau hinter uns lustig und laut plauderte, habe ich vorhin ja schon einmal erwähnt. Nach einem ersten Halt bei einer mobilen Toilette erreichten wir das Festgelände nach rund 30 Minuten. Wir waren also gegen 10:00 Uhr auf dem Flugplatz angekommen, oder anders gesagt, die Anreise ab Schwerzenbach an die Air14 dauerte rund dreieinhalb Stunden.
Trotz der langen Anreise enterten wir das Flugplatzgelände gut gelaunt und vor allem gespannt darauf, was uns dort alles erwarten würde. Über unseren Köpfen drehten bereits Flugzeuge ihre Kreise, worauf wir uns erst mal gegen Besuche der Hangars und Stände und für die Suche eines lauschigen Plätzchens in der Nähe der Piste mit guter Sicht auf die fliegenden Objekte entschieden. Wir machten es uns in der Wiese bequem und stürzten uns auf unseren Proviant. Vor und über uns war bereits der Teufel los. Der österreichische Speaker (wie zur Hölle ist der zu diesem Job gekommen?) kündigte über die Lautsprecher die Vorführung zweier polnischen SU-22 Kampfjets an. Beim Start der beiden Maschinen kamen sofort Erinnerungen an unsere Jugend hoch, als die Jets uns noch aus dem Bett dröhnten. Am Boden unten machten sich bereits die Alpha Jets der Patrouille de France startklar. Kaum abgehoben, zauberte die Kunstflugstaffel eine wunderbare Show an den Himmel über Payerne. Wir waren begeistert und uns war klar, die folgenden Staffeln würden es schwer haben, diese Perfektion zu überbieten. Der besondere Zauber lag wohl auch daran, dass sie oft mit ihren Nationalfarben blau, weiss und rot spielten. Noch während der Show machten sich auf der Piste unten die Tiger F-5E der Patrouille Suisse bereit und hoben schon bald ab. Bis wir sie zu sehen bekommen würden, drehte eine Lockheed P-38L der Flying Bulls aus Österreich ihre Runden. Dann einer der Air14 Momente schlechthin. Hinten links, über dem grossen Hangar sah ich die Silhouette eines Swiss A330 Airbus, flankiert von der Patrouille Suisse. Wow! Langsam kam das faszinierende Gespann näher und überflog ein erstes Mal die Piste vor uns. Dieses Spektakel wiederholte sich noch zweimal in verschiedenen Formationen bis sich die PS Jets entfernten und sich der Airbus solo von uns verabschiedete. Kaum war der Airbus vom Horizont verschwunden, tauchte die Patrouille Suisse auf und zeigte uns nun ihre gewohnt präzise Show der Superlative. Das Wetter war leider noch nicht ganz so gut, wie es später noch werden sollte und so dominierten noch die grauen Wolken im Hintergrund. Dies tat der Show aber keinen Abbruch. Die immer mehr werdenden Zuschauer waren wiederum begeistert und applaudierten nach dem Schlussbouquet frenetisch. Um wohl mal etwas Ruhe in die Lüfte zu bringen, erschien nun die uns vertraute Junkers Ju-52 und aus ihrem Bauch sprangen unzählige Fallschirmspringer. Das war in der Tat eine Art Entspannung und zugleich der letzte Programmpunkt vor dem Lunch break.
Nun schlenderten auf dem Gelände herum, bestaunten die vielen zur Schau gestellten Flugzeuge, besuchten verschiedene Ausstellungen und stöberten in den unzähligen Verkaufsständen zum Thema Fliegerei. Am meisten Zeit verbrachte Dodo verständlicherweise am Swissair Stand, wo unter vielem anderen auch Artikel der Crossair zum Kauf angeboten wurden. Trolleys, Taschen, Schlüsselanhänger, Sicherheitsgurten, Overalls, Geschirr, Gläser, Tiertransporttaschen und vieles mehr waren mit Swissair, Crossair, Hello oder gar Belair Logo ausgestellt. Wir betrachteten den nach Doktor riechenden Rega Heli und liefen einmal quer durch den Rega Jet. Zum Glück hatten wir unsere Sandwiches im Rucksack, denn an den wenigen Verpflegungsständen standen hunderte von hungrigen Bäuchen an. Es herrschten fast Zustände wie in amerikanischen Freizeitparks während den Ferien. Wir spazierten weiter und schauten uns die ausländischen Air Force Jets an. Da standen Boeing F/A-18 aus Kanada, Eurofighter Typhoon und Tornado aus Deutschland, Gripen, F-16 Fighting Falcon aus Belgien und einige weitere. Plötzlich waren am Himmel Falschirmspringer zu sehen und schon kurz darauf drehten eine Vampire, eine Mirage, ein Hunter und ein Tiger gemeinsam ihre Runden. Wow, die Jets unserer Jugend zusammen am Himmel. Was für ein ergreifender Augenblick. Anschliessend kreiste eine F/A-18 der Schweizer Armee zusammen mit einem Super Puma über dem Gelände. Der Pilot des Jets muss mächtig auf dem Bremspedal gestanden haben. Um 14:00 Uhr starteten die Flugdarbietungen wieder mit der Patrulla Aguila, der spanischen Kunstflugstaffel. Auch sie zauberten präzise die tollsten Figuren an den Himmel, zeigten waghalsige Kreuzungen und malten zum Schluss ihre Landesfarben an den Horizont. Jetzt startete die F/A-18. Jawohl, das sind Militärjets. Der Boden bebt, in den Ohren dröhnt es. Wow! Der Pilot zog die Maschine direkt vom Start aus senkrecht in die Höhe und flog einen Looping. Was müssen dabei für Kräfte auf den Piloten einwirken! In der Folge liess uns der Captain keine Zeit zur Ruhe zu kommen. Unsere Mäuler standen während der ganzen Darbietung offen. Wir staunten und Dodo rief mir zwischendurch rüber: "So geil!" Der Pilot holte wohl alles aus diesem Jet heraus. Eine unglaubliche Show. Wow, er ist für mich der Pilot des Tages. Unglaublich! Zur Entspannung zeigte uns nun der Eurocopter Tiger die unglaublichen Fähigkeiten eines Kampfhelikopters. Er stieg senkrecht hoch, donnerte ebenso zu Boden, flog einen Looping um dann rückwärts über die Piste zu gleiten. Während der anschliessenden Nostalgienummer der P-51 Mustang Propellermaschine wurde ich von Dodo mit Sonnencreme eingeschmiert. Die Sonne brannte seit Stunden auf uns herunter und mein Gesicht verfärbte sich langsam rötlich. Aufgrund der Hitze machten wir uns auf die Suche nach einer vernünftig langen Schlange vor einem Getränkestand. Dodo stellt sich in die Reihe während ich den Start und die Überflüge der Breitling Super Constellation verfolgte. Dieser Vogel wird zu Recht als einer der schönsten der Welt bezeichnet. Nun machten sich die schwarzen Vögel des Breitling Jet Teams bereit und schossen vor mir in die Lüfte. Auch diese Show war atemberaubend und endlich gesellte sich Dodo wieder zu mir, ausgerüstet mit genügend Pepsi und durstlöschendem Radler. Nach der Breitling Show stieg ein Super Puma hoch und auch hier holten die beiden Piloten alles aus der Kiste raus. Kaum zu glauben, wie grazil sich ein solch dicker Heli in der Luft bewegen kann. Auf der Startpiste machte sich ein polnische MIG-29 bereit. Auf diesen Jet war ich besonders gespannt. Schliesslich habe ich schon viel von MIG-Jets gehört, aber noch nie eine live und schon gar nicht fliegen gesehen. Nur schon der Start der MIG entschädigte für die lange Anreise. Unfassbar und unbeschreiblich, was da abgeht und es wird nicht ruhiger, wenn die Maschine erst mal in der Luft ist. Der Pilot zog die Maschine senkrecht hoch, donnerte mal schnell, mal langsam an uns vorbei und jedes Mal, wenn er Schub gab, dröhnten die Ohren. Geil! Mehr gibt es dazu nicht zu sagen und das Volk applaudierte. Jetzt stiegen die neun Maschinen der weltweit grössten Propellerfliegerstaffel, dem Schweizer PC-7 Team hoch. Sie präsentierten ihre fast schon gewohnt perfekte, präzise Show und verzauberten die Zuschauer mit waghalsigen Kunststücken. Dodo hätte wohl auch noch der kroatischen Staffel Wings of Storm zugeschaut, aber ich hatte jetzt langsam genug. OK, wenn's Düsenjets gewesen wären, wäre ich auch stehen geblieben, aber von Propellern habe ich einfach irgendwann genug und das Beste vom Besten hatten wir eh schon gesehen. Während die Kroaten ihre Akrobatik zeigten (man sieht es ja sowieso von überall her), stand Dodo in einer Schlange vor dem Swiss Pavillion. Grund dafür waren die Crew des Swiss Airbus A330 und die Piloten der Patrouille Suisse, welche geduldig ihr Poster signierten und verschenkten. Juhui, wir haben ein Patrouille Suisse Poster mit Originalunterschriften;-)
Die Zeiger zeigten schon gegen 17:00 Uhr, die Flugvorführungen waren vorbei und wir besorgten uns die letzten Getränke für die wohl sehr lange Heimreise. Ich befürchtete aufgrund der vielen Leute wirklich das Schlimmste. Wiederum spazierten wir die dreissig Minuten zum Busparkplatz und liessen uns an den Bahnhof Corcelles-Nord fahren. Während der Fahrt bekam ich aus einem Gespräch nebenan mit, dass der Zug um 18:14 Uhr direkt, also ohne Umstieg in Bern, nach Zürich fahren würde. Dodo konnte das nach kurzer Internetrecherche bestätigen. Wir konnten unser Glück kaum fassen, blieben aber verhalten euphorisch, da wir nicht wussten, was uns am Bahnhof erwarten würde. Die Perrons konnten ja derart gefüllt sein, dass wir gar nicht mit diesem Zug mitfahren konnten oder aber wir müssten bis nach Zürich stehen, was nach einem Tag, an dem man eigentlich immer herum gestanden ist, der Horror wäre. In Corcelles angekommen bestätigten sich unsere schlimmsten Befürchtungen überhaupt nicht und nach kurzer Wartezeit ergatterte uns Dodo ein lauschiges Zweierplätzchen im oberen Stock des Wagons. Die lustigen Herren Gesangsverein vom Morgen, sassen doch tatsächlich genau hinter uns und plauderten praktisch die ganze Fahrt über vergangene Jahre. Für einen stillen Zuhörer war das noch recht amüsant. Kurz vor halb neun Uhr kamen wir im HB an und bestiegen sofort die S9, welche uns ab 20:28 Uhr sicher nach Schwerzenbach brachte, wo uns dann die Buben gegen 21:00 Uhr in Empfang nahmen. Ein fantastischer Tag fand so sein Ende. Alle sanken zufrieden, glücklich und kaputt ins Bett. Die Buben nach einem lässigen aber strengen Jugi-Tag im Atzmännig, wir nach einem nicht minder anstrengenden aber unvergesslichen Tag an der Air14.