Familienausflug in die AFG-Arena zu Schweiz-Lettland

Samstag, 11. Oktober 2008. Lange warteten und freuten wir uns auf diesen Tag. Unsere Schweizer Fussball Nationalmannschaft spielt, in der Qualifikation für die Fussball-WM 2010 in Südafrika, in der neuen AFG-Arena in St. Gallen gegen Lettland und wir sitzen im Stadion. Quasi mittendrin statt nur dabei. Das alles hatten wir unseren Tippkünsten an der Euro und der Swisslife zu verdanken. Dodo, Robin und ich belegten im Gruppenranking am Ende der Euro Rang 2, was uns drei Tickets und Fressbons im Wert von Fr. 100.-- einbrachte. Das vierte Ticket für Noah wurde uns grosszügigerweise geschenkt.

Die Vorbereitungen, bevor wir um 14.40 Uhr das Haus verlassen konnten, waren schärifamilymässig hektisch: Meinst du ich habe nur mit diesem Pulli zu kalt? Was du willst jetzt doch kein Schweiz Tattoo? Doch du ziehst die warmen Schuhe an, am Abend wird's kühl. Mist meine Frisur ist im Elend, ich ziehe doch die Baseball-Cap an. Oh nein, damit habe ich nach wenigen Stunden Kopfweh (Na von wem kam dieser Spruch wohl?). OK, kein Cap, aber was mache ich mit der Frisur? Was du ziehst kein Cap an? Dann lass ich meinen auch zu Hause. Soll ich den Hörnerhut anziehen? Sehe ich doof aus damit? Mami, ich will nochmals ein Tattoo? Autsch, diese Schuhe tun weh. OK, dann zieh die anderen an, klage aber nicht, wenn du kalt hast. Musst du nicht noch aufs Klo? Können wir endlich gehen, ich muss noch ein Halbtax kaufen. Was, das hast du noch nicht erledigt? Ahhh…!!!

20081011_01.jpgSchliesslich fuhren wir vier Rotweissen mit der S14 nach Örlikon wo wir auf die ersten Psychos trafen. Zunächst quatschte uns eine komisch gesprächige Dame harmlos an. In der Kioskwarteschlage motzte der hinter mir, man solle endlich vorwärts machen. Ich konnte die Klappe natürlich nicht halten und schon ging das Wortgefecht mit dem Heruntergekommenen los. Örlikon ist zwar die Heimat unseres ZSC, aber wieso gibt's da so viele schräge Vögel? Mit unserem Proviant bestehend aus Cola Zero, Fanta Zero und einem Ice-Tea sassen wir in einem Abteil des Extrazuges und bewunderten die schönen Landschaften, welche wir durchfuhren. "Ein, zwei Bier kaufe ich mir dann im Extrazug, wenn das Wägeli kommt", waren meine Worte in Örlikon, als der Doppelstöcker einfuhr und meine Träume vom Extrazug-Feeling jäh platzen liess. Seit wann fahren unsere Doppelstöcker Extrazugeinsätze und wie soll da das Wägeli durchfahren? OK, dann freue ich mich halt auf ein lecker Bier in St. Gallen.

In St. Gallen aus dem Zug ausgestiegen sah man nur noch rot und weiss. Cool! So gefällt es mir. Meine Jungs sollen schliesslich erleben, was an einem Länderspiel unserer Nati so abgeht. Schon beim ersten Restaurant gleich beim Bahnhof Winkeln strahlte mich ein Bierstand mit gelben Schildern 'Schützengarten' an. Ich hole mir endlich mein erstes Bier und stürze es genüsslich runter. Wäh, was ist denn das? Schützengarten ist Gülle!

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20081011_05.jpgVor dem Stadion stürzten sich meine drei Weissroten in die Schlacht um die lustigen Spiele der Nati-Sponsoren. Hier musst du mit drei20081011_06.jpg Schüssen einen im Tor hängenden Schal treffen, dann erhältst du einen solchen. Die Jungs trafen nicht, dafür erschoss sich Dodo einen neuen Schal. Dort mussten Nutella-Gläser geschickt übers Feld gestossen werden und wenn es auf einem Kleber stehen blieb gab's etwas Feines. Hier räumten gleich alle drei Schleckmäuler ab. Ich begab mich auf die Suche nach einem Bier. Alles was ich fand, war ein Schützengarten Wagen. Was soll's, ich stellte mich in die Reihe und wartete geduldig. Irgendwann kommt einer mit drei Bier an mir vorbei und motzt: Ihr müend gar nöd astah, s'hät nur no alkoholfreis Bier, s'andere isch usgange. Hmm, erzählt er einfach einen Scheiss oder ist es wirklich so? Naja, ich hatte erstens keinen Bock auf alkoholfreies Bier und zweitens die Schnauze voll vom anstehen. So ging ich enttäuscht zu meinen drei Lieben zurück und wir betraten zusammen das Stadion. Der Eintritt klappte rasch und problemlos. Sogar die beiden Fahnen mit Stangen durften meine Jungs mit hinein nehmen. Jetzt schnell aufs WC und dann an den Fressstand unsere Bons einlösen. Olma-Bratwurst, Cola und Bier waren angesagt.

20081011_07.jpgMit allen Händen voll Verpflegung betraten wir das Stadioninnere und fanden rasch unsere Plätze in Reihe 3 und 4, fast auf der Höhe der Mittellinie. Wow, schmuckes Stadion, tolle Plätze und hervorragende Sicht. Unsere Nati lief sich unmittelbar vor unseren Plätzen warm. Noch nie habe ich unsere Kicker so nahe gesehen. Das war schon toll. 20081011_08.jpgUnd hey, ich kannte jeden. Jeden? "Du Dodo, wer ist der kleine Kerl dort bei Inler? Du meinst die Nummer 14? Keine Ahnung, aber er ist wirklich sehr klein." Als die Aufstellung dann - mit den entsprechenden Bildern auf der Anzeigetafel dazu - durchgesagt wurde, kam natürlich auch die Nummer 14 zum Zuge: Alberto Regazzoni. Aha, der von YB. So, die Olma-Bartwurst war zwischen diversen Fotoeinsätzen heruntergedrückt und das eklige und zudem alkoholfreie Schützengarten Gesöff getrunken worden. Wir sind bereit, man möge die Gladiatoren einlaufen lassen.

20081011_09.jpgDie Teams betraten den Rasen. Die Stimmung war schön aber schon jetzt merkte ich, dass beispielsweise im Stade de Suisse in Bern gegen Frankreich und die Türkei oder im St. Jakob Park zu Basel gegen Irland wesentlich heftiger die Post abging. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich in Bern und Basel jeweils Unmengen von feinem und nicht alkoholfreiem Bier getrunken hatte. Egal, die Hymne erklang und alle sangen artig mit. Unterstützt vom auf den beiden Screens eingeblendeten Text. Das Spiel ging los und man merkte rasch, dass uns wieder ein Nervenspiel bevorstand. Der Gegner Lettland tat nicht viel für das Spiel und der Schweizer liegt momentan die Führungsrolle nicht. Das ist übrigens auch meine einzige Hoffnung für das Griechenspiel vom kommenden Mittwoch. Der ZSC spielte nämlich lange auch nur gegen starke Gegner gut und lieferte gegen die Underdogs eine miese Leistung ab. Um die 30. Minute herum kam die Szene 20081011_10.jpgmit den drei Torschüssen innert weniger Sekunden. Mein Gott, die muss einfach rein. Das ganze Stadion verzweifelte beinahe im Kollektiv. Das Spiel lief weiter, doch Djourou lag auf der Höhe des gegnerischen Sechzehners noch am Boden. Links hinter mir tönt es: "Stohn uf!" Ich drehe mich um da tönt es von rechts hinten: "Stohn uf du Aff!" Ich dachte, ich höre nicht recht und drehte mich nach rechts: "Das meinsch nöd im ernscht, oder?" Da konntert seine Blondine im geliebten Dialekt: "Hesch es Problem?" Und da waren sie wieder, die Psychos. Je länger das Spiel dauerte beobachtete ich, dass die im Stadion anwesenden St. Galler nur ihren geliebten Tranquillo Barnetta anfeuerten und alle anderen Spieler durften sich bloss keinen Fehler erlauben, sonst wurden sie verflucht und ihre Auswechslung aufs heftigste gefordert. Die St. Galler haben nicht nur einen Knoten in den Stimmbändern und keine Ahnung von Bier, nein, sie sind auch noch Nati-Banausen. Jetzt ist mir auch klar, wer Marco Streller damals dermassen ausgepfiffen hat, dass dieser postwendend seinen Rücktritt bekannt gab (Von welchem er bald wieder zurückgetreten ist, was nicht nötig gewesen wäre). Das waren die St. Galler. Just mit dem Pausenpfiff erwachten sie wieder und verabschiedeten ihre Nati mit einem gellenden Pfeifkonzert in die Pause. Ob es wohl Barnetta bewusst war, dass er gar nicht gemeint war? Auch der Rassist und seine Blondine hinter mir pfiffen und buhten was das Zeug hielt.

20081011_11.jpgNun denn, Alex Frei schoss in Halbzeit zwei das erlösende 1:0 trotz den vielen St. Gallern im Stadion. Die Feier konnte los gehen. Wir zeigten gerade unseren beiden jüngsten Nati-Fans wie die Welle entsteht und staunten nicht schlecht, als diese plötzlich zusammensackte wie der SMI an seinen schwärzesten Montagen. Was war geschehen? Die Letten haben, unterdessen in Unterzahl spielend, nach einem Freistoss 20081011_12.jpgund dem daraus resultierenden Kopfballduell, den unverdienten 1:1 Ausgleich geschossen. Zum Glück konnte bald darauf N'Kufo ebenfalls einen Freistoss und ebenfalls mit dem Kopf ins Letten-Tor spitzeln. Hätte N'Kufo Haare, wäre der Ball wohl über das Tor gegangen. Das Spiel ging zu Ende und die Freude war gross. Rassi und Blondi hinter mir waren jetzt so was von glücklich und jubelten und klatschten, als ob sie ihre Nati nicht während des ganzen Spieles in die Hölle gewünscht hätten. Jaja, so einfach sind Fussballfans gestrickt. Die Nationalmannschaft erinnerte sich allerdings an die Pausenpfiffe und ging geschlossen vom Mittelkreis aus Richung Kabineneingang. Ui, da mochte die Meute aber toben. Schliesslich sollen sich die Stars schön artig beim ach so fairen und fachkundigen Publikum bedanken. Das gehört sich so, das macht der FC St. Gallen in der Nati B vermutlich regelmässig. Die Jungs ergaben sich schliesslich ihrem Schicksal und bedankten sich bei den Fans hinter den Toren.

20081011_13.jpgBeim Verlassen des Stadions holten wir uns nochmals ein paar Getränke, darunter abermals ein Schützengarten. Ich wurde wirklich nicht gescheiter, liess dann aber das halbe Bier irgendwo stehen. Soll es doch vor sich hin gammeln, schlimmer kann es ja nicht mehr werden. Beim Bahnhof angelangt wollte ich mir doch tatsächlich nochmals ein richtiges Schützi holen, liess es dann aber aufgrund des Andrangs und der bevorstehenden Abfahrt unseres Extrazuges sein. So fuhren wir mit Cola nach Winterthur wo ich am Bahnhof ein Feldschlösschen in meine Arme schliessen konnte. Via Stettbach waren wir schon kurz nach 21:00 Uhr in Schwerzenbach und wenig später zu Hause. Von Robin hörte ich einige Male, wie lässig der Match gewesen sei und ich gebe ihm recht, es war ein wirklich gelungener, mal etwas anderer Familienausflug. Und hey, wir haben den Ausflug gewonnen. Hätten wir alles selber bezahlt, wäre uns dieser Tag auf knapp Fr. 400.-- zu stehen gekommen und wir hätten das Spiel mit Sicherheit im Fernseher angeschaut. Danke Swisslife! {easycomments}

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